Vom Dach des umstrittenen Gaskonzerns WINGAS in Deutschlands Gashauptstadt Kassel haben wir uns abgeseilt und mit einem Banner „Gas kills“ die drastische Reduktion des industriellen Energie- und Erdgasverbrauchs, den Investitionsstopp für alternative Erdgasquellen und die Vergesellschaftung der Gasindustrie gefordert. Denn: Erdgas tötet, in der Ukraine und durch die Klimakatastrophe weltweit.
Auf unserem Flickr-Account findet ihr weitere Fotos und Videos von der Aktion.
Hier unsere Pressemitteilung dazu:
Am Freitag, den 20.5., haben sich Klimaschützer*innen von Klimagerechtigkeit Kassel (KligK) vom Dach des Erdgas-Großhändlers Wingas und dem Gas-Speicherbetreiber Astora in der Gashauptstadt Kassel abgeseilt. Beides sind Tochterunternehmen von Gazprom Germania und stehen aktuell unter staatlicher Treuhandschaft. Die Aktionsgruppe fordert, dass der Energieverbrauch insgesamt drastisch reduziert werden muss. Der bloße Ersatz von russischem durch anderes Erdgas führe weiter in die fossile Sackgasse. Auf ihrem Banner war dazu die Aufschrift „Gas kills – in Ukraine“ zu lesen, gefolgt von der weiteren Auflistung der großen Gas-Förderländer. Per Megafon forderten die fünfzehn Personen von Bundeswirtschaftsminister Habeck die weitreichende Vergesellschaftung der Gasindustrie, um den Gasausstieg einzuläuten.
„Erdgas finanziert den russischen Krieg in der Ukraine, aber auch andere mörderische Diktaturen in aller Welt,“ beklagt Teilnehmerin Maggie Probst per Megafon. Die großen Exportländern von Russland über Katar bis Argentinien fallen alle mit Menschenrechtsverletzungen und Klimazerstörung auf. Mit Gas aus Katar unterstützt Bundeswirtschaftsminister Habeck das autoritäre Regime in dem Golfstaat. In Argentinien werden die Ländereien von indigenen Gruppen der Mapuche für die Gasförderung durch den Kasseler Gaskonzern Wintershall zerstört. Selbst in der Tiefsee der Arktis und im Naturerbe Wattenmeer möchte Wintershall seine Förderung ausbauen und bis 2069 eine Ölbohrplattform betreiben – Jahrzehnte nachdem Klimaneutralität erreicht sein muss.
Der Sprecher der Aktionsgruppe Sommer äußert deutliche Kritik an der Energiepolitik der Bundesregierung. „Bei allem Gerede von Robert Habeck um neue Gasquellen und Energiesicherheit ist völlig klar: neue Flüssiggas-Terminals und Pipelines treiben uns genauso wie Kohle und Öl weiter in die Sackgasse der Klimakatastrophe – diese Projekte müssen daher in die Mülltonne der Geschichte!“ Der Transport von Flüssiggas ist enorm energieaufwändig und damit klimaschädlich. Amerikanisches Flüssiggas wird außerdem durch das umstrittene Fracking gefördert. Fracking verursacht Erdbeben, verseucht das Grundwasser und lässt enorme Mengen des klimaschädlichen Methans in die Atmosphäre entweichen. „Methan ist ein absoluter Klimakiller,“ stellt Sprecher Sommer fest. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas und verursacht in den nächsten zwanzig Jahren 83-mal stärkere Klimaschäden als die selbe Menge CO2. Seit über zehn Jahren weisen unabhängige Wissenschaftler zunehmend verzweifelt auf den von der Gaslobby kleingerechneten Methan-Ausstoß hin.
Der enorme industrielle Energieverbrauch führt in eine ökologische und damit menschliche Katastrophe. „Weiterhin Erdgas zu verbrennen, um Millionen Tonnen an energieintensivem Glas und Stahl für Büroturm-Monster zu produzieren, muss ein Ende haben,“ macht Sommer klar. „Weder Stickstoff-Dünger noch tonnenschwere SUVs brauchen wir für ein gutes Leben.“ Durch einen Rückbau dieser Industrien und dem massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien könnte der Erdgasverbrauch drastisch reduziert werden.
„Wir müssen die Profitgier der Energieindustrie in die Schranken weisen,“ meint Teilnehmerin Probst. Alle Erdgas-Unternehmen machen aktuell aufgrund der explodierten Gaspreise gigantische Kriegsprofite. Um den Rückbau und die Verlagerung der fossilen Strukturen zu bewältigen, ist eine Vergesellschaftung der Gasindustrie nötig. Denn profitorientierte Unternehmen sind nicht in der Lage, ihr Geschäft sozialverträglich zurückzubauen. Die Beschäftigten könnten im Rahmen einer Vergesellschaftung ihre Expertise für den dringend nötigen Ausbau grüner Fernwärme nutzen. „Solange Energiearmut um sich greift und die Gaskonzerne mit ihren extrem niedrigen Förderkosten Milliarden an Profiten scheffeln, kann nur eine echte demokratische Kontrolle die Abkehr vom Gas einläuten,“ zeigt sich Sommer überzeugt.
Die gesellschaftliche Stimmung zu Erdgas ist aktuell am Kippen. Immer mehr Menschen setzen sich gegen diese fossile Sackgasse ein. Von Hamburg über das Emsland bis nach Kassel wächst der Widerstand gegen die Erdgaslobby.