Redebeitrag von KligK bei der Lützerath-Demo in Kassel am 1. Juli
Ich habe mich verpflichtet.
Ich habe mich mit x-tausenden anderen öffentlich dazu bekannt, das idyllische Dorf Lützerath zu schützen.
Ich werde nie vergessen, wie ich das erste Mal mit Schrecken in die lebensfeindliche und völlig verdorrte Mondlandschaft der gigantischen Braunkohletagebaue geblickt habe.
Ich kann auch die vorher angeblich „unvorstellbaren“ Schäden und Schicksalsschläge der Katastrophe im Ahrtal letztes Jahr nicht vergessen.
Und ich werde erst recht nicht vergessen, dass vor einigen Jahren einige meiner Freund*innen im Senegal ihr komplettes Haus verloren haben, als der gestiegene Meeresspiegel ihr ganzes Stadtviertel in nur einer Nacht wegriss.
Ich bewundere all die Menschen, die im Globalen Süden die Klimakrise bekämpfen. Die Klimakatastrophe wird hier im Globalen Norden insbesondere von den reichsten Menschen mit immer weiter steigenden Emissionen angeheizt – seit 1990 um 3% gestiegene Emissionen der reichsten 10%, wie ein Oxfam-Bericht gerade gezeigt hat. Die einkommensschwächere Hälfte der europäischen Gesellschaft hingegen hat ihre Emissionen schon seit 1990 erfolgreich um ein Viertel gesenkt.
Luxus und Kapitalismus sind die wahren Klimakiller. Wir müssen die Reichen und Mächtigen in die Schranken weisen.
Dazu gehört auch RWE, und mit im Boot wieder einmal die neue schwarz-grüne NRW-Landesregierung:
die ewig gestrige CDU mit zahnlosen Grünen im Schlepptau.
Wenn die NRW-Landesregierung im Herbst Lützerath räumen und abreißen will, werde ich daher vor Ort sein und mich der Zerstörung in den Weg stellen.
Ich möchte mit euch die Selbstverpflichtung teilen, die Stand gestern Abend bereits 8372 Menschen wie du und ich, aber auch viele Prominente eingegangen sind.
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´UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte bei der Vorstellung des Weltklimaberichts vor drei Monaten:
„Jetzt ist es an der Zeit, die Wut in Taten umzusetzen. Jeder Bruchteil eines Grades zählt.“
Im Herbst 2022 steht die Landesregierung von NRW vor einer Entscheidung: Darf der Kohlekonzern RWE das rheinländische Dorf Lützerath für die Erweiterung einer Kohlegrube dem Erdboden gleich machen – oder meint sie es ernst mit dem Klimaschutz? Mit dieser Erklärung verkünden wir, die Unterzeichnenden, unsere Absicht vor Ort zu sein und uns der Zerstörung in den Weg zu stellen, sollte die Landesregierung Lützerath räumen und abreißen wollen.
Die Fakten sind klar. Wenn nicht jetzt sofort umgelenkt wird, sind alle Bemühungen, die 1,5°C-Grenze noch einzuhalten und damit die Auswirkungen der Klimakatastrophe einzudämmen, zum Scheitern verurteilt. Seit Jahrzehnten fordern Wissenschaftler*innen, Betroffene und Aktivist*innen, unverzüglich Kohle, Öl und Gas im Boden zu lassen. Wir müssen unser Wirtschaftssystem umbauen, um das Überleben von Millionen Menschen und eine gerechte Gesellschaft zu ermöglichen.
Die Klimaerhitzung führt zu immer mehr und heftigeren Extremwettern – derzeit unter anderem eine dramatische Hitzewelle in Indien, eine verheerende Dürre im Osten Kenias und über 40 Grad erhöhte Durchschnittstemperaturen in der Antarktis. Aufgrund der rasanten Klimaerhitzung befinden wir uns in einem sechsten Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten. Die Klimaaktivistin Vanessa Nakate aus Uganda erinnerte am Rand des Tagebaus bei Lützerath daran, dass die aktuelle Klimaerhitzung um 1,2 Grad bereits „die Hölle“ für viele Menschen und Gemeinschaften im Globalen Süden ist. Diese Gemeinschaften haben am wenigsten zur Klimakrise beigetragen und kämpfen zugleich schon am längsten gegen die globale Ungerechtigkeit, die sie hervorgebracht hat. Wir stellen uns an ihre Seite.
Deutschlands Verantwortung in Lützerath ist offensichtlich. Das Rheinische Kohlerevier ist Europas größte CO2-Schleuder. RWE plant, zwischen Aachen, Köln und Düsseldorf mehrere hundert Millionen Tonnen abzubauen und zu verbrennen. Mit dem 1,5°C-Limit sind diese Mengen nicht vereinbar. Unter Lützerath ist die Kohleschicht besonders groß, weshalb der Erhalt des Dorfes zu einer besonders großen Einsparung von CO2 führt. Keine andere Maßnahme kann so schnell und so einfach CO2 einsparen.
Diese Chance müssen wir nutzen. Die Regierung in Nordrhein-Westfalen hätte die Möglichkeit, den Erkenntnissen der Wissenschaft, den Forderungen von Klimawandel-Betroffenen und den Bedürfnissen zukünftiger Generationen zu entsprechen und ihren Worten endlich Taten folgen zu lassen. Stattdessen versuchen CDU und GRÜNE, Lützerath als nettes, aber letztlich belangloses ‚Symbol‘ kleinzureden, um ihren Koalitionsfrieden aufzubauen und den Kohlekonzern RWE nicht zu verärgern. Ihr Kalkül ist, dass wir schon nicht so viele und nicht so entschlossen sein werden. Sie spekulieren darauf, dass eine Räumung Lützeraths rasch vorbei ist und schnell in Vergessenheit gerät.
Damit begehen sie einen großen Fehler. Seit vielen Jahren protestieren Anwohnende und Umsiedlungsbetroffene, Klimaaktive, Landwirt*innen, Großeltern, Geistliche, Kulturschaffende und Prominente mit vielen Tausend Menschen dafür, dass alle Dörfer bleiben. Durch dieses Engagement konnten auch am Tagebau Garzweiler bereits die Dörfer Holzweiler, Keyenberg, Berverath, Oberwestrich, Unterwestrich und Kuckum erhalten bleiben – und wir sind fest entschlossen, auch Lützerath zu retten.
Vor vier Jahren haben zehntausende Menschen in Baumhäusern, vor Gericht und auf der Straße den Erhalt des Hambacher Waldes erstritten. Gemeinsam haben wir dafür gesorgt, dass 1,1 Milliarden Tonnen Kohle im Boden bleiben. Noch während der dreiwöchigen Räumung – dem widerrechtlichen und größten Polizeieinsatz in der Geschichte Nordrhein-Westfalens – behauptete der RWE-Chef, dass der Erhalt des Waldes eine ‚Illusion‘ sei. Unsere massenhaften Proteste, die solidarische Vielfalt unserer Aktionsformen und unsere Entschlossenheit haben diese ‚Illusion‘ Wirklichkeit werden lassen. Wir haben klargemacht, dass nicht der Erhalt unserer Lebensgrundlagen, sondern die fossile, profitorientierte Gesellschaftsordnung die eigentliche Illusion ist. Diese Erfahrung nehmen wir mit nach Lützerath und teilen sie mit allen, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzen: Eine andere Welt ist möglich!
Die Zeit des Wartens ist vorbei. Die Zeit der leeren Worte ist vorbei. Die Zeit des Handelns ist gekommen. Mit dieser Erklärung schließen wir uns zusammen, um mit X-Tausenden Menschen Lützerath zu erhalten und das Klima zu schützen. Sollte die Landesregierung in NRW es wagen, Lützerath für den Kohleabbau zerstören zu wollen, werden wir das nicht hinnehmen. Die Kohle unter Lützerath muss im Boden bleiben.
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Wir stehen vor dem letzten Showdown um die Kohle im Rheinland.
Ihr wollt selbst etwas tun?
Unterzeichnet die Selbstverpflichtung unter www.x-tausend-luetzerath.de
Dann folgt Alle Dörfer Bleiben und LütziBleibt auf Twitter.
Seid ab dem 1. September bereit für Tag X. Packt eure Fahne, eure Klettersachen, euer Werkzeug oder am wichtigsten euren Mut.
Redet mit Bekannten, in der Familie und mit Politiker*innen darüber, wie wichtig der Erhalt von Lützerath ist.
Wenn es soweit ist: Kommt mit x-tausenden nach Lützerath. Im Camp leben heute schon bis zu 200 Menschen.
Gemeinsam machen wir diese Räumung zum politischen Skandal.
Wir haben den Hambi verteidigt –
wir werden auch Lützerath verteidigen!
Wir haben schon viel geschafft. Lasst uns feiern:
Hambi – bleibt!
Pödelwitz – bleibt!
Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag in NRW wurde Lützerath hängen gelassen. Aber fünf Dörfer am Tagebau Garzweiler, in denen unsere Freund*innen von „Alle Dörfer bleiben“ seit vielen Jahren gegen die heranrückenden Braunkohlebagger kämpfen, haben wir durch den Widerstand der letzten Jahre erfolgreich gerettet.
Norbert Winzens 400 Jahre alter Vierseitenhof in Keyenberg kann bleiben.
Keyenberg – bleibt!
Der Pferdehof von David und Franziska Dresen und ihren Eltern kann bleiben.
Kuckum – bleibt!
Doro, die als Mutter in den Mittvierzigern mit Tränen in den Augen entschlossen hat, ihren Familien-Hof mit zivilem Ungehorsam zu verteidigen, kann bleiben.
Berverath – bleibt!
Unterwestrich – bleibt!
Oberwestrich – bleibt!
Kanzler Scholz von der SPD und NRW-Ministerpräsident Wüst von der CDU: ihr könnt euch sicher sein:
Wir werden auch dafür sorgen, dass
Lützerath – bleibt!
Lützerath – bleibt!
Lützerath – bleibt!
We are unstoppable, another world is possible
We are unstoppable, another world is possible!
We are unstoppable, another world is possible!
Wir sehen uns im Herbst in Lützerath!!