Rüstung killt Klima

Anlässlich der Friedens- und Anti-Rüstungsindustrie-Demonstrationen auch in Kassel hier ein Redebeitrag von KligK zum Thema Rüstungsindustrie und Klima:

Die Stadt Kassel hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden.

Will heißen: bis 2030 sollen in der Stadt keine Treibhausgasemissionen mehr ausgestoßen werden.

Mit ihrem Blick auf Emissionen setzt die Stadt Kassel in ihrer Reaktion auf die Klimakrise eine sehr technische Brille auf und bleibt damit einseitig. Doch die Klimakrise ist nicht einfach nur eine ökologische Krise, die in Treibhausgasemissionen zu messen wäre. Nein, vielmehr ist sie nicht zuletzt auch eine soziale Krise, die alltägliche Ungerechtigkeiten krass verschärft und neue Ungerechtigkeit schafft.

Der Globale Norden ist historisch für einen Großteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Doch gleichzeitig ist es nicht der Globale Norden, der am stärksten von eben dieser Klimakrise betroffen ist. Nein, es sind die Menschen im Globalen Süden, in den Frontline Communities, die bereits heute durch die Klimakrise ihre Lebensgrundlage verlieren, die Hunger leiden, die fliehen müssen.

Die Klimakatastrophe tötet bereits heute.

Lassen wir uns für den Moment ein auf das technische Ziel und schauen uns an, ob das Verhalten der Stadt Kassel auch tatsächlich darauf hinarbeitet, bald keine Treibhausgase mehr auszustoßen.

Der Klimaschutzrat ist ein Beratungsgremium der Stadt. Und hat in seiner letzten Sitzung unter anderem folgendes Ziel mit Bezug auf die Kasseler Industrie beschlossen: Die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft bei gleichzeitigem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit.

Die Idee der Stadt Kassel zur Reduktion der Treibhausgasemissionen ist also, dass die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleiben soll. Und wenn hier das Wort „Wettbewerbsfähigkeit“ gesagt wird, dann ist damit zu einem richtig großen Teil die Wettbewerbsfähigkeit der Rüstungsindustrie gemeint. Denn die Stadt Kassel ist einer der größten Rüstungsstandorte in der BRD. Mit Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann stehen in unserer Stadt die beiden führenden deutschen Rüstungsunternehmen und produzieren mitten unter uns und häufig unbemerkt: Kriegsgeräte. (wenige Beispiele?)

Wie viele Treibhausgase auf die Kasseler Rüstungsstandorte zurückzuführen sind, dazu gibt es leider keine genaueren Zahlen. Klar ist aber, dass bei der Herstellung und auch beim Gebrauch von: Militärflugzeugen, Panzern und Kriegsschiffen Treibhausgasemissionen entstehen. Und es kann einfach keine klimaneutrale Rüstungsindustrie geben. Um das Ausmaß der Klimaschädlichkeit ein bisschen greifbarer zu machen, folgen drei Beispiele:

  • Je nach Modell verbraucht ein Eurofighter ca. 70-100 Liter Flugbenzin pro Minute. Alleine im Jahr 2018 verursachten die Eurofighter der Bundeswehr etwa 115.280 Tonnen CO2.
  • Ein Kampfpanzer des Typs Leopard 2 – gebaut von Krauss-Maffei-Wegmann – verbraucht im Gelände rund 530 Liter Diesel auf 100 km, der Schützenpanzer Marder liegt bei 400 Liter und der Minenräumpanzer Keiler bei stolzen 580 Liter.
  • Die CO2-Emissionen der Bundeswehr aus Infrastruktur und Mobilität im Inland liegen bei 1,7 Millionen Tonnen.

Angesichts solcher Emissionszahlen sollen die Kasseler Rüstungsfabriken in Zukunft klimaneutral produzieren?

Nein! Und es liegt auf der Hand, dass das nicht möglich ist. Würde die Stadt Kassel ihrem eigenen Ziel der Klimaneutralität gerecht werden wollen(!), müsste(!) sie die Rüstungsindustrie aus der Stadt schmeißen. Sie müsste die Betriebe umwandeln und etwa Solarzellen oder Tram-Loks statt Waffen und Panzer produzieren.

Und selbstverständlich wäre eine Abschaffung der Rüstungsproduktion nicht nur angesichts der Treibhausgasemissionen dringend erforderlich. Denn die in Kassel produzierten Waffen spielen auch bei den Kriegen eine wichtige Rolle – Kriege um Rohstoffe oder Kriege zur Aufrechterhaltung von Absatzmärkten. Sie führen zu Morden und zu Völkermorden. Sie führen zu sozialen Konflikten, zu Flucht und Vertreibung. Sie kontrollieren und unterdrücken. Sie verursachen unermessliches Leid.

Aktuell deutet so gar nichts darauf hin, dass die Stadt Kassel sich an die Rüstungsindustrie herantraut. Gucken wir uns die Kommunalwahl vor vier Wochen an: Die Grünen, die sich gerne auf ihre Wurzeln in der Friedensbewegung berufen und bei der Wahl die meisten Stimmen erhielten, haben es in ihrem knapp 70 Seiten umfassenden Wahlprogramm nicht für nötig gehalten, auch nur eine konkrete Maßnahme zum Umbau der Rüstungsbetriebe aufzunehmen.

Angesichts der gegebenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist auch nicht absehbar, dass sich an diesem mangelnden politischen Willen so schnell etwas ändern wird.

Den braucht es aber dringender denn je. Unternehmenszwecke lassen sich umwandeln. Die Herausforderung, uns der Klimakrise zu stellen, schafft neue Räume: für Arbeitsplätze, gemeinsame Visionen.

Was es nämlich braucht, um die Klimakrise effektiv zu bekämpfen und unserer Verantwortung gerecht zu werden, ist mehr als Technik. Wir brauchen radikalere Ansätze. Wir könnten erreichen, dass die Produktion demokratisch kontrolliert wird, so würden wir erreichen, unser Wirtschaften an den wirklich verfügbaren Ressourcen der Erde und den Bedürfnissen der Menschen anstelle am Profit auszurichten.

Und nur so schaffen wir dann auch die Grundlage für echte Klimagerechtigkeit.

Und für Frieden.

Die nicht zuletzt von der Stadt Kassel vorgestellten Konzepte Klimaneutralität und grünes Wachstum müssen dagegen als das entlarvt werden, was sie sind: als Mittel, um die imperiale Lebensweise des globalen Nordens auch in Zeiten der Klimakatastrophe aufrechtzuerhalten und um Profit vor das Leben von Menschen zu stellen. Rheinmetall und KMW müssen weg!

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