Am vorletzten Samstag im November um 16.14 Uhr ist ein Baumhaus zusammen mit einer 50 jährigen Buche auf dem Boden des Dannenröder Waldes zerschellt. Dieses Schicksal hat schon hunderte Bäume im Dannenröder Wald ereilt. Im Jahr 2020 wird dort ein gesunder Mischwald für den Bau einer Autobahn gerodet, welche in den 1980ern geplant wurde. Völlig aus der Zeit gefallen finden wir.
Hier die kurze Geschichte der Besetzung und unseres Baumhauses „Waisenkind“:
Der Bau begann Anfang Oktober mit einer stabilen Balkenkonstruktion auf 18 Metern. Mehr Material und mehr Menschen kamen, aus der Plattform wurde eine Behausung, aus der Behausung wurde ein Haus. Mit Regalen, Schlafplätzen und einem alten Holzofen. So hatten wir es auch bei niedrigen Temperaturen trocken und warm. Und wir mussten zusehen, wie sich die Hundertschaften der Polizei in Begleitung der Räumpanzer, Kettensägen und Harvestern langsam aber sicher eine Schneise durch den Wald frästen – genau auf uns zu.
Aber das war unser Plan: Das Baumhaus steht genau auf der geplanten Autobahntrasse kurz vor dem Baumhausdorf „Nirgendwo“. Wir standen der weiteren Rodung also buchstäblich im Weg. Mit zivilem Ungehorsam drücken wir unser Unverständnis gegenüber dieser Rodung aus.
Neben den KligKies unterstützten uns immer mehr Menschen, sodass unter dem Baumhaus noch drei Plattformen entstanden. In den Kronen ringsherum wurden sogenannte Skypods errichtet, hier können sich Menschen im Falle der Räumen einhängen und damit umliegende Bäume vor dem Fällen schützen. „Freitag war dann der schlimmste Tag. Wir saßen im Haus und konnten nichts tun.“ sagt Katharina von KligK, die einige Tag im „Waisenkind“ verbracht hat. „Jede Minute ist ein Baum um uns herum gefallen.“
Am Tag der Räumung, am Samstag, waren dann alle Strukturen und auch alle Traversen bis hin zu „Nirgendwo“ besetzt. Wir harrten aus und mussten zusehen, wie auch an diesem Tag die ersten Bäume gefällt wurden. Doch es ging extrem langsam voran. Die Räumung der Plattformen und der Menschen im Baumhaus dauerten den ganzen Tag an. In der Zeit konnte nicht gefällt werden. Immer wieder mussten die Hebebühnen mit der Kletterpolizei neu ansetzen, immer wieder kletterten Aktivisti höher in die Baumkronen. „Wir haben Nirgendwo einen Tage geschenkt“ sagt Juri. „An diesem Tag waren die Bäume, Häuser und Menschen in „Nirgendwo“ sicher und konnten sich auf die anstehende Räumung vorbereiten. Uns geht es auch darum, mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen. Wir möchten, dass Bundes-Verkehrsminister Scheuer und der hessische Landes-Verkehrsminister Al-Wazir auf diesen Wald schauen und sehen, was es für ein Unsinn ist, in Zeiten der Klimakrise noch einen Wald für eine Autobahn zu roden.“
Am Nachmittag hat die Polizei uns aus dem Baumhaus und den Kronen herausgeholt. Der Baum samt Baumhaus wurde gefällt. Zwei weitere Bäume fielen auf des zerschellte Haus. Und dann zogen sie ab. An diesem Tag konnten nur sehr wenige Bäume gefällt werden.
Bäume werden weiter gefällt. Vielleicht ist dieser Wald nicht mehr zu retten. Aber die Erfahrungen, die wir hier sammeln durften kann uns keiner nehmen. Wir werden weiter für eine klimagerechte Welt kämpfen. Im Dannenröder Wald, in Kassel, in der Nachbarschaft.
Fotos von unserem Baumhaus und der Räumung findest du hier bei Flickr.