Empörung in Kassel über Wintershalls Übergewinne

Pressemitteilung
Kassel, 29.10.2022

Seit zwei Wochen sorgen 20.000 Postkarten im Stil von Wintershall Dea in den Kasseler Briefkästen für Aufsehen. Die 1,3 Milliarden Übergewinne des ersten Halbjahres sollten an alle Kasseler*innen verteilt werden. Dies mache 7.500 € pro erwachsener Person, die Hälfte für Kinder. In einer zeitgleich verbreiteten Pressemitteilung versprach Wintershall Dea auch die Abkehr vom Erdgas hin zu nachhaltiger Fernwärme und das Aufkommen für Klimaschäden. Zu schön um wahr zu sein: der Konzern hat die Aussagen als Fälschung zurückgewiesen. Am Samstag Nachmittag haben nun rund hundert Menschen vor der Zentrale von Wintershall Dea die Auszahlung dieses Gas-Geldes durch eine Übergewinnsteuer und die Vergesellschaftung des größten Gas-Förderkonzern Deutschlands gefordert.

„Immer mehr Menschen sind empört, dass Wintershall Dea Milliarden Profite scheffelt. Das Motto scheint in der Energiekrise genauso wie in der Klimakrise zu sein: Geld in der Not machen, grünes Mäntelchen umhängen und nach uns die Sintflut,“ kommentiert Lasse Sommer als Pressesprecher von Klimagerechtigkeit Kassel das Greenwashing des Unternehmens. Trotz aller wohlklingender Werbung rund um technische Schein-Lösungen wie der teuren CO2-Speicherung und klimaschädlichem Wasserstoff aus Erdgas verursacht Wintershall massive Klimazerstörung. Dessen weltweite Gas- und Öl-Förderung ist für über 10% der aktuellen Treibhausgas-Emissionen Deutschlands und damit für Milliarden an Klimaschäden verantwortlich. Bohrplattformen wie die Mittelplate im Nationalpark Wattenmeer will der Konzern laut aktueller Antragsunterlagen bis 2069 weiter betreiben. Dabei dürfen gemäß dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimavertrags bereits im nächsten Jahrzehnt in den reichen Industrieländern keine weiteren Treibhausgas-Emissionen mehr entstehen.

Auch Umweltzerstörung prägt Wintershalls Geschäfte, ob mit gefährlichen Bohrplattformen im Eis der Arktis oder beim Fracking in Argentinien. Wintershall und dessen Geschäftspartner schüchtern dort Aktivist*innen ein und vertreiben indigene Dorfgemeinschaften für neue Fracking-Bohrplätze. In Deutschland und weltweit leiden nun vor allem Haushalte mit kleinen Einkommen unter den hohen Energiepreisen. Die von ihnen allen gezahlten Milliarden an Gaskosten landen in den Taschen der Wintershall-Aktionäre des Mehrheitseigners BASF und der russischen Milliardäre Michail Fridman und Pjotr Awen.

„Wir müssen Wintershall als Konzern der Grundversorgung endlich unter demokratische Kontrolle stellen,“ meint Lasse Sommer. Statt der Maximierung kurzfristiger Profite muss das langfristige Wohlergehen der Menschen auf der ganzen Welt im Vordergrund stehen. Für den Erhalt der Lebensgrundlagen und langfristige Versorgungssicherheit braucht es bezahlbare und gesunde Erneuerbare Energien in allen Heizungen. Eine Vergesellschaftung müsse mit intensiven gesellschaftlichen Debatten und betrieblichen Wahlen deutlich über die Treuhandschaft der Bundesnetzagentur bei den anderen beiden Kasseler Gaskonzernen Wingas und Astora hinaus gehen.

Die Aktionsgruppe Klimagerechtigkeit Kassel wirft seit vier Jahren Schlaglichter auf zentrale klimapolitische Themen. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen kritisierten sie die andauernde Braunkohle-Verstromung, die verschleppte Mobilitäts-Wende und die hemmungslose Fleisch-Produktion. Seit einem Jahr widmen sie sich der Abkehr vom Erdgas.