We will go on! Mit mehr Wissen, neuen strategischen Koalitionen und guter Musik.
In den Tagen vom 26. bis 28. September fand im Nordstadtpark in Kassel das erste Klimacamp in Nordhessen statt, ausgerichtet von Klimagerechtigkeit Kassel (KligK), den Lokalgruppen von Extinction Rebellion (XR), Fridays for Future (FFF), den Falken, den politischen Kommunen im Raum Kassel (interkomm) und mit Unterstützung vom Asta der Uni Kassel. Klimacamps haben im deutschsprachigen Raum ihren Ursprung in der Anti-Kohle-Bewegung im Rheinland und in der Lausitz, wo sie seit 2010 regelmäßig stattfinden. Klimacamps sind selbstorganisierte und basisdemokratische Orte zur Vernetzung der Klimabewegung und als Ausgangsort für Aktionen zivilen Ungehorsams zur Steigerung der Aufmerksamkeit für die Klimaschädlichkeit fossiler Energieträger. Und sie sind praktische Utopien zur Verwirklichung alternativer demokratischer Lebens- und Organisationsformen jenseits von Kapitalismus und Ausbeutung von Mensch und Welt.
Die Idee in Kassel ein Klimacamp auszurichten entsprang der von Fridays for Future (FFF) ausgerufenen Klima-Streikwoche. FFF rief darin zu vielfältigen Aktions- und Protestformen auf, um die Dringlichkeit wirksamer und sofortiger klimapolitischer Handlung aufzuzeigen. Weiterhin identifizieren sich die Organisator*innen mit der Kampagne #by2020WeRiseUp, die angesichts der Klimakrise grundsätzlich die kapitalistische Wirtschaftsordnung infrage stellt und für Alternativen streitet und für den Herbst 2019 eine erste Aktionswelle angekündigt hat. Der Protest muss bunter, breiter, lauter werden und nicht nur Infrastrukturen fossiler Energieerzeugung adressieren – er geht in den Alltag und alle Facetten unseres kapitalistischen Lebensstils an: Wie wir wohnen, wie wir heizen, wie wir uns bewegen, was wir kaufen, wie wir arbeiten, wie wir miteinander leben, wie wir reisen, … Schwerpunkt unseres Camps lag deshalb nicht auf Aktion, sondern auf Vernetzung, strategischen Austausch und Reflektion über unsere Aktionsformen und Agenden:
U.a. im Klima-Ultimatum-Träger*innenkreis: Wie geht es weiter mit dem im Frühsommer formulierten Klima-Ultimatum, was kommt als nächstes? Wie können wir die Klimapolitik lokal schnell und auf Dauer sinnvoll antreiben? … in einem offenen Plenum von Solidarity City zu Vernetzung von emanzipatorischen, linken und solidarischen Gruppen rund um das Thema Stadt für Alle. … in Vernetzungstreffen einer Gruppe „Handwerker*innen for Future“, einem kritischen Ingenieur*innenkollektiv in Gründung und zur Vernetzung über die Kampagne #by2020. Die inhaltlichen Workshops hatten eine weite Bandbreite von Nachhaltigem Aktivismus, Diskussionen zur Eigentumskrise, Gemeinwohlökonomie, Klima und Atom, über den Austausch zu Kommunen und Lebensgemeinschaften bis hin zu den Widerständen der Zapatistas. Und in Aktionstrainings gab es Austausch zu Kleingruppenaktionen mit Zucker im Tank, zu Kommunikationsguerilla und Demotrainings. Alle Workshops waren richtig gut besucht mit immer mind. 10-15 Teilnehmenden, am Samstag sogar um die 30 Teilnehmer*innen.
Am Abend gab es am Donnerstag ein super gemütliches Kino im Zirkuszelt; am Freitag spielten Bands auf der Hauptbühne, am Freitag gab es später ein upgespacetes Konzert mit Kamanko und eine legendäre Party mit Geschrammel im Karnak – auf jeden Fall eins der Highlights. Die Küfa versorgte uns die ganze Zeit über mit leckerstem Essen, zumeist aus geretteten oder gespendeten Lebensmitteln. Im Nachhinein eine krasse Leistung, dass wir die ganzen Genehmigungen, die Infrastruktur, das Material und die Spenden, die Küche, die Workshops, das Abendprogramm, Awereness, PR, in einem so kurzen Zeitraum (effektiv 8 Wochen Vorbereitung) organisiert bekommen haben!
Das Klimacamp hat die Kasseler Klimagruppen noch enger zusammengeführt und intersektionale Verbindungen zu anderen Bewegungen geöffnet. Wir freuen uns über die entstandenen Netzwerke und Kooperationen insbesondere zu den Kommunen, die eine Menge an Erfahrung und Infrastruktur für lokale und regionale politische und aktivistische Arbeit beisteuern können. Weiterhin haben wir selbst viel Wissen generiert in der Camp-Organisation, in Behördenkontakten, Bürokratie und Genehmigungen. Das sind wichtige Erfahrungen auch für weitere Aktionen. Wir sehen das Klimacamp als einen gelungenen Austausch und ein schönes Experiment, das bereits danach fragt, wie es weitergeht.
Wir danken allen, die sich beim Klimacamp mit Spenden, Hilfe, Infrastruktur oder Programm eingebracht haben oder einfach dabei waren. Es ist sehr sehr schön zu sehen wie wir gemeinsam handlungsfähig sind!
…hier geht’s zur eigenen Homepage des Klimacamps.